Eine einmalige Gelegenheit

Kleinhändler in Lagos, Herstellung von Kochbananenmehl
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Viele Kleinhändler, wie dieser Hersteller von Kochbananenmehl, müssen ohne eine funktionierende Infrastruktur zurechtkommen

Die Wirtschaft im Ballungsraum Lagos verfügt über enorme Wettbewerbsvorteile. Doch ohne eine neue Infrastruktur und rechtliche Weichenstellungen wird sie die Potenziale nicht nutzen können.

Lagos hat besonders in den letzten Jahrzehnten einen tiefgreifenden Wandel erlebt: Die Wirtschaft hat sich verändert, die Bevölkerung enorm zugenommen. Obwohl die Megacity noch nicht einmal ein Prozent der Staatsfläche Nigerias einnimmt und damit der kleinste Bundesstaat des Landes ist, werden dort 60 Prozent der Industrie- und Handelsaktivitäten abgewickelt. Dabei ist Lagos durchaus finanziell tragfähig: Mehr als 75 Prozent der Einnahmen werden unabhängig von den Bundeszuschüssen generiert, die jeder Bundesstaat aus dem Ölgeschäft erhält. Die Metropole erwirtschaftet das höchste Steueraufkommen aller Bundesstaaten Nigerias. Wäre Lagos ein eigenständiges Land, käme es mit einem BIP von 80 Milliarden US-Dollar auf den elften Platz der größten Volkswirtschaften Afrikas.

Lagos hat sich als Standort für die Firmensitze nationaler und globaler Unternehmen etabliert, und auch die damit einhergehende Dienstleistungswirtschaft ließ sich dort nieder. Die Wirtschaft in dem Ballungsraum weist gute Wettbewerbsvorteile auf und steht doch unter großem Druck. Immer mehr Menschen zieht es in die Weltstadt, die Urbanisierung setzt sich in rasantem Tempo fort, die Anforderungen an die Infrastruktur steigen unablässig und auch auf makroökonomischer Ebene werden die Erwartungen größer. Eben weil Millionen von Menschen auf der Suche nach Arbeit und einem besseren Leben in die Stadt strömten, wuchsen mit Lagos’ Bevölkerung und Wirtschaft auch die Probleme. Mit geschätzt rund 20 Millionen Einwohnern liegt Lagos auf dem siebten Rang der weltweit am schnellsten wachsenden Metropolen und ist eine der größten Städte Afrikas. Auch die Verlegung des Regierungssitzes von Lagos nach Abuja in Zentralnigeria hat an dieser Entwicklung nichts geändert. Es ist zu erwarten, dass sich die Bevölkerungszunahme in den nächsten Jahrzehnten fortsetzen wird.

Das Wirtschaftswachstum dieses pulsierenden Industrie-, Finanz- und Handelszentrums konnte damit nicht Schritt halten. Zwar sind die innerhalb des Bundesstaates Lagos erzielten Einnahmen im Vergleich zu anderen nigerianischen Bundesstaaten ziemlich hoch, doch reichen sie nicht aus, um die stetig steigenden Kosten für Sozialausgaben, Infrastruktur- und Umweltschutzmaßnahmen zu decken.

Abhängigkeit von der Öl- und Gasindustrie

Es ist Lagos gelungen, Einnahmen aus einer ganzen Reihe von Quellen zu erzielen: beispielsweise aus der verarbeitenden Industrie, dem Transport und Bauwesen, dem Groß- und Einzelhandel, die allesamt einen Großteil des BIP ausmachen. Die wirtschaftliche Diversifizierung in Lagos steht im Gegensatz zur nigerianischen Volkswirtschaft, letztere ist in hohem Maße von den Gewinnen aus der Öl- und Gasindustrie abhängig. Der Ölsektor steht für 85 Prozent von Nigerias Deviseneinnahmen. Im ersten Quartal 2014 machte dies einen Anteil von knapp 15 Prozent am BIP und vier Prozent der Gesamtbeschäftigung aus. Seit Juni 2014 sind die Ölpreise von 110 US-Dollar pro Barrel auf 60 US-Dollar gefallen, was den Druck auf die Wirtschaft erhöht hat. Denn zum einen kommen scharenweise Arbeitssuchende aus anderen, konjunkturell schwächeren Bundesstaaten nach Lagos; zum anderen sucht die Regierung in Abuja nach immer neuen Mitteln und Wegen, noch mehr Steuern aus Lagos abzuschöpfen.

Um den wirtschaftlichen Erfolg angesichts der Bevölkerungs- und Infrastrukturprobleme dauerhaft aufrechtzuerhalten, verabschiedete die Regierung von Lagos im Dezember 2014 einen Entwicklungsplan für die Jahre 2012-2025 (Lagos State Development Plan, LSDP). Das Programm zielt darauf ab, Lagos in eine vorbildliche Megastadt zu verwandeln, die produktiv, zuverlässig, nachhaltig, funktionsfähig und sicher ist. Die vier „Säulen“ dieser Vision sind eine wirtschaftliche, infrastrukturelle und soziale Entwicklung gepaart mit Sicherheit und nachhaltigem Wachstum. Ob sich diese Vision in die Realität umsetzen lässt, wird davon abhängen, inwieweit der Staat die Entwicklung in der verarbeitenden Industrie fördern und den gewaltigen informellen Sektor miteinbeziehen kann. Die Sterne stehen gut. Immerhin siegte bei den Parlamentswahlen im Mai der All Progressives Congress (APC), der nun die Bundesregierung bildet. Dies gibt Anlass zur Hoffnung, dass die Wirtschafts- und Industriepolitik im gesamten Land belebt wird. Derartige Perspektiven gab es im letzten Jahrzehnt nur sehr begrenzt, denn die APC-Regierung von Lagos hatte politische Widerstände aller Art zu überwinden und befand sich im ständigen Kampf mit der People’s Democratic Party (PDP), die auf nationaler Ebene an der Macht war.

Verarbeitende Industrie – Aussichten und Herausforderungen

Die verarbeitende Industrie in Lagos ist ein wesentlicher Pfeiler der nigerianischen Wirtschaft und könnte, wie der Gouverneur des Bundesstaates Lagos kürzlich erklärte, Nigeria in die Oberliga der verarbeitenden Industrien katapultieren, gleich neben BRIC-Staaten wie China oder Indien. Mehr als die Hälfte aller Beschäftigten in der verarbeitenden Industrie Nigerias arbeiten in der Metropolregion Lagos. Sie tragen beträchtlich zum 7-prozentigen Anteil der verarbeitenden Industrie am nationalen BIP bei. Im Jahr 2013 hat die Fertigungsindustrie schätzungsweise 35 Milliarden US-Dollar zur Gesamtwirtschaft beigesteuert.[1] Im Bundesstaat Lagos werden im Industriesektor unter anderem Lebensmittel, Getränke, Tabakwaren, Chemikalien und Pharmazeutika, Gummi und Schaumstoff, Zement, Plastikwaren, Metalle, Stahl- und Metallerzeugnisse, Zellstoffe und Papierwaren, Elektro- und Elektronikartikel, Textilien, Möbel und Holzprodukte sowie Kraftfahrzeuge hergestellt; zudem gibt es noch diverse Montagewerke. Dem Industrieverband Nigerias (Manufacturers Association of Nigeria, MAN) zufolge sind Lebensmittel und Getränke, Pharmazeutika und Automontage die wichtigsten Branchen. Im letzten Jahr hat sich vor allem die Autoindustrie vergrößert, weil Konzerne wie Volkswagen Nigeria, Nissan und die Stallion-Gruppe – die Hyundai produziert – Niederlassungen für die Montage von Fahrzeug- und Motorteilen eingerichtet haben. Es wird erwartet, dass mit Tata und Toyota demnächst weitere Automobilbauer hinzukommen. Auch die Lebensmittel- und Getränkeindustrie floriert in der Stadt. Insgesamt trägt die Fertigungsindustrie mit 30 Prozent zum BIP des Bundesstaates Lagos bei.

Es gibt einige Gründe, warum sich diese Industrien seit den späten 1970er-Jahren in Lagos entwickelt haben. Mit Millionen von Einwohnerinnen und Einwohnern verfügte die Stadt nicht nur über einen einsatzbereiten Arbeitskräftepool für die Produktion, sondern auch über viele Käufer. Im Vergleich zum Rest des Landes besitzt die Metropolregion Lagos noch über eine relativ gute Infrastruktur sowie Land-, Luft- und Seeverbindungen zu den Märkten in Zentral- und Westafrika, in Europa und den übrigen Landesteilen Nigerias. Diese strategisch gute Lage erleichterte den Transport von Rohstoffen und Waren.[2]

Angesichts der hohen Einfuhrrate und der steigenden Bevölkerungszahlen scheint es wahrscheinlich, dass auch die Produktionsrate steigen wird – vorausgesetzt die wachsende Mittelschicht konsumiert mehr. Dann wären alle Industrie-Sektoren ausbaufähig: Die Kapazitätsauslastung der Industrie von Lagos lag in der ersten Jahreshälfte 2014 bei gerade einmal 54 Prozent. Es gibt also Steigerungspotenzial. Allerdings sind die Hindernisse vielfältig: Es fehlt an qualifizierten Fachkräften. verlässlichen Regulierungs- und Durchsetzungsmechanismen, einer funktionierenden Stromversorgung und Infrastruktur, außerdem bremsen Mehrfachbesteuerungen und eine niedrige Produktivität einen Aufwärtstrend.

Bürokratische Hürden hemmen Hersteller

Wie bereits erwähnt sind die Aussichten für die verarbeitende Industrie in Lagos vielversprechend. Große Probleme bereiten aber gesetzliche Auflagen: Hersteller in Lagos werden mit einer Vielzahl an Anforderungen konfrontiert, die wiederum von unterschiedlichen Zulassungsbehörden kontrolliert werden. Unternehmen beklagen, dass ihre Betriebsabläufe durch häufige Inspektionen gestört werden. Umwelt- und Produktkontrollen sind mit hohen Gebühren verbunden und führen zu Verzögerungen bei der Zulassung und Zertifizierung. Gesetzliche Auflagen müssten daher von Zulassungsbehörden auf bundesstaatlicher und nationaler Ebene besser aufeinander abgestimmt werden. Allein im Sektor der Lebensmittel- und Getränkeherstellung sind vier verschiedene Behörden für die Regulierung zuständig. Eine Koordination untereinander findet nicht statt.

Die Fertigungsindustrie ist zudem mit höheren Produktionskosten konfrontiert, weil die Investitionskosten gestiegen sind. Der Import von Rohstoffen hat sich erheblich verteuert, nachdem die nigerianische Zentralbank als Reaktion auf die weltweit fallenden Ölpreise den Naira abgewertet hat. Unternehmen, insbesondere aus der Lebensmittel- und Getränkebranche, leiden sehr unter dieser Entwicklung, denn zu den gestiegenen Energiekosten kommt hinzu, dass es weniger Konsumenten gibt. Dies ist vor allem auf die Sicherheitsprobleme im Norden des Landes zurückzuführen. Ausserdem wirkt sich die wachsende Inflationsrate auf die Kaufkraft der Bevölkerung aus, weshalb auch die Nachfrage bei Lebensmitteln und Getränken sinkt.

3,5 Stunden Strom am Tag

Am schlimmsten ist für die wirtschaftliche Entwicklung jedoch das Fehlen einer stabilen Stromversorgung. Weil bei Stromausfall Dieselgeneratoren genutzt werden, treibt dies die Kosten in die Höhe. Unternehmen geben durchschnittlich 53 Millionen Naira (etwa 234.000 Euro) pro Monat für ihre Energieversorgung aus. Laut des Industrieverbandes MAN kommen manche Betriebe auf bis zu 581 Millionen Naira (fast 2,6 Millionen Euro) in sechs Monaten. Ende 2013 mussten die Hersteller in Lagos im Durchschnitt sechs Stromausfälle pro Tag hinnehmen. Insgesamt kommt täglich nur etwa 3,5 Stunden lang Energie aus den Steckdosen. Verantwortlich für das Dilemma ist die staatliche Power Holding Company of Nigeria. Sie ist für die Energieversorgung von Privathaushalten und Unternehmen verantwortlich, die Bundesregierung interveniert nicht. Immerhin wurde vom Staat Lagos ein Reformkurs eingeschlagen. In den letzten fünf Jahren wurden fünf unabhängige Kraftwerke (Independent Power Plants, IPPs) gebaut. Aufgrund gesetzlicher Bestimmungen im Energiebereich darf die von den IPPs erzeugte Energie jedoch ausschließlich an Regierungsbehörden und öffentliche Einrichtungen wie Krankenhäuser geliefert oder für die Straßenbeleuchtung genutzt werden. Auf nationaler Ebene haben Reformen im Energiesektor noch nicht zu spürbaren Verbesserungen geführt. Wenn es gelingt, mehr erneuerbare Energien in die Produktion einzuschließen, könnte die Fertigungsindustrie zum Wachstumsmotor für das ganze Land werden.

Noch müssen die meisten Kleinunternehmer ganz ohne staatlich bereitgestellte Infrastrukturen auskommen. Wenn etwa ein Hersteller von Kochbananenmehl zum Obst- und Gemüsegroßmarkt muss, um Kochbananen zu kaufen, transportiert er seine Ware mit einer Schubkarre. Er trocknet das Obst auf dem Zinkdach seines Marktstandes und vermahlt die getrockneten Stückchen schließlich zu Mehl. An Regentagen kann er seine Ware nicht trocknen und macht daher keinen Gewinn. Sobald befahrbare Straßen, eine verlässliche Stromversorgung und mehr öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung stehen, können Produktionsprozesse erheblich verbessert werden – nicht nur für Händler von Kochbananenmehl. Mit höheren Einnahmen können alle Händler in eine bessere Ausstattung investieren und so effizienter und profitabler wirtschaften.

Ein weiteres Problem stellen Finanzierungsmöglichkeiten dar: Die Kreditzinsen liegen bei 23 Prozent und es ist klar, dass sich das die meisten kleinen und mittleren Betriebe nicht leisten können. Zudem werden Unternehmer in Lagos gleich mehrfach besteuert. Sie müssen ihre Abgaben sowohl an die Bundes- als auch an die lokalen Behörden entrichten. Außerdem bietet Lagos nur wenig Möglichkeit für einen räumlichen Ausbau der Betriebe. Beim Erwerb von Grundstücken müssen sich die neuen Besitzer oft mit den sogenannten "Omoniles" auseinandersetzen. Dies sind angeblich erbberechtigte Nachfolger der ursprünglichen Grundstücksbesitzer, die ihre vermeintlichen Ansprüche über Zusatzkautionen geltend machen wollen. Das Investitionsklima ist daher nicht immer günstig. Mittlerweile ist auch schon eine merkliche Abwanderung von Betrieben in andere Industriestandorte zu beobachten, insbesondere in den angrenzenden Bundesstaat Ogun.

Qualifizierung für mehr Produktivität

Investitionen in Weiterbildungsmaßnahmen würden sich sehr positiv auf die Arbeitsproduktivität in der verarbeitenden Industrie von Lagos auswirken. Dadurch könnten mehr Fachkräfte gewonnen werden: Es fehlt an qualifizierten Maschinenbauern, Wartungstechnikern, Schweißern und anderen Fabrikarbeitern. In Bezug auf Produktionsplanung, Lieferketten, Qualität und Instandhaltung, hinken die Herstellerbetriebe von Lagos der internationalen Konkurrenz deutlich hinterher. Eine kürzlich durchgeführte Studie ergab, dass die Produktivität von Arbeitskräften in Nigeria in industriellen Betrieben niedriger ist, als die von Landarbeitern.[3] Dieses Ergebnis steht im krassen Gegensatz zu dem, was normalerweise bei der Entwicklung und Industrialisierung von Volkswirtschaften passiert: nämlich, dass die Abwanderung vom Land in die Stadt mit einer höheren Arbeitsproduktivität und besseren Einkommen einhergeht.

Derzeit macht Lagos' Bevölkerung etwa zehn Prozent der Gesamtbevölkerung Nigerias aus. Es gibt keinen Mangel an Arbeitskräften, wohl aber an qualifizierten Fachkräften. Diese braucht man aber für den Ausbau der Industrie. Besonders die junge Bevölkerung müsste aus- oder weitergebildet werden, um das Wirtschaftswachstum voranzutreiben. Der staatliche Entwicklungsplan (LSDP) sieht ausdrücklich eine kontinuierliche Förderung von Qualifizierungsmaßnahmen vor. Die Entwicklung des Humankapitals wird eine wichtige Voraussetzung sein, um die Einnahmen der Fertigungsindustrie zu erhöhen.

Die Produktionswerte der Fertigungsindustrie in verschiedenen Industriezonen

Unerschlossene Potenziale heben

Neben der Verpflichtung, die Fertigungsindustrie zu fördern, gibt es weitere Anreize, mit denen das Wirtschaftswachstum zukünftig angekurbelt werden kann. Zum einen könnten bereits bestehende Stärken im Transportwesen oder Handel aktiviert werden. Außerdem könnten lokale Betriebe im informellen Sektor gestärkt werden, die als Zulieferer für Konzernniederlassungen oder für „wissensbasierte“ Wirtschaftsbetriebe in der Region (IT- und technische Dienstleistungen) tätig sind. Es gibt aber noch mehr Wirtschaftszweige mit Wachstumschancen: die afrikanische Unterhaltungsindustrie und Dienstleister im Finanz-, Rechts- oder Buchhaltungswesen.

Vielversprechend sind auch die Aussichten im Bankensektor von Lagos. Er konnte in den letzten Jahren ein kräftiges Wachstum verbuchen und trug zu Lagos’ Einnahmen bei. Leider war dieser Trend nicht von langer Dauer, denn die fallenden Ölpreise und die damit verbundene Abwertung des Naira verhagelte gute Ergebnisse schnell wieder.

Weichenstellung für die Zukunft

Lagos muss Wege finden, die Menschen in seine Erfolgsgeschichte einzubeziehen und die Beschäftigung aus der informellen in die formale Wirtschaft zu holen. Ein Wachstum ohne Beschäftigung, könnte bei der überwiegend jungen Bevölkerung zu Frust und sozialen Unruhen führen. Zu einer Weiterentwicklung der Wirtschaft gehört auch politische Teilhabe und soziale Absicherung. Armut und soziale Ausgrenzung sind ein großes Problem in Nigeria. Die Armutsraten reichen von 16 Prozent im Südwesten, wo Lagos liegt, bis hin zu 50 Prozent im Nordosten.

In ihrem Entwicklungsplan (LSDP) hat sich die Regierung von Lagos zur Armutsbekämpfung verpflichtet sowie kleine und mittlere Betriebe aus dem informellen Sektor zu unterstützen. Was fehlt, ist ein Dialog zwischen den Bürgerinnen und Bürgern, den Unternehmer/innen und der Regierung. Wirtschaftliche Reformen müssen ausgeweitet werden und die häufig ausgeschlossenen Kleinstbetriebe müssen integriert werden. Fraglich ist, wie die Regierung zur Rechenschaft gezogen werden kann und welche Feedbackmechanismen vorgesehen sind, um Reformen auch wirklich durchzusetzen. Die Regierung von Lagos untersteht einem Gouverneur, der seinerseits von lokalen Regierungen, einem umfangreichen System an Ministerien, Regierungsabteilungen und Behörden unterstützt wird. Es gibt es derzeit keine effektive Kontrollinstanz.

Unternehmer/innen in Lagos sollten die Gelegenheit, die Transformation der Wirtschaft voranzutreiben, beim Schopfe packen und der Regierung verbindliche Zusagen abringen. Dazu gehört nicht nur die Verbesserung der Arbeits- und Kapitalproduktivität, der physischen und virtuellen Infrastruktur, der industriellen Regulierungen und ihrer Durchsetzung oder der Zugang zu Krediten. Es geht auch um die Schaffung beständiger Plattformen für die Beteiligung aller Stakeholder. Die Regierung muss Strategien entwickeln, damit die Investoren in Lagos bleiben und weiter investieren. Die Steuerpolitik muss überarbeitet werden und finanzielle Förderungen sollten auch für kleinere Betriebe möglich sein. Da Lagos schon das Industrie- und Handelszentrum von Nigeria ist, werden diese Anreize Produktionskosten senken und wieder mehr Investoren anziehen. Gelingt es, Industrie und Märkte mit diesen Maßnahmen zu stabilisieren, könnte die Wirtschaft von Lagos ganz aus dem Schatten der Öl- und Gasindustrie heraustreten. Und das ist wahrlich eine einzigartige Chance.

Referenzen:
[1] Leke, Acha; Fiorini, Reinaldo; Thompson, Fraser et. al. Nigeria’s Renewal: Delivering Inclusive Growth, McKinsey Global Institute Report; Juli 2014.
[2] Shabi, Adebola. Manufacturing Industries and Climate Change in Lagos State. Präsentation auf dem Forum der Umweltschutzbehörde von Lagos auf Victoria Island, Lagos; am 10. April 2012.
[3] Leke, Acha; Fiorini, Reinaldo; Thompson, Fraser et. al. Nigeria’s Renewal: Delivering Inclusive Growth, McKinsey Global Institute Report; Juli 2014.